»Ich merke, dass sich das Kämpfen lohnt«. Mit einem Brandbrief machten Laura Nickel und Max Teske auf rechtsextreme Vorfälle an ihrer Schule im brandenburgischen Burg aufmerksam. Hier erzählen sie, wie es ihnen heute geht und was sie Neues planen.



»Ich merke, dass sich das Kämpfen lohnt«. Mit einem Brandbrief machten Laura Nickel und Max Teske auf rechtsextreme Vorfälle an ihrer Schule im brandenburgischen Burg aufmerksam. Hier erzählen sie, wie es ihnen heute geht und was sie Neues planen.

by bedbooster

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  1. SPIEGEL: Frau Nickel, Herr Teske, wie blicken Sie heute auf den Brandbrief?

    Teske: Voller Stolz, dass wir den Mut hatten, mit dem Thema an die Öffentlichkeit zu gehen.
    Nickel: Der Brief war wichtig und ist immer noch relevant. Gleichzeitig hat sich mein Blick auf das Thema verändert.

    SPIEGEL: Inwiefern?

    Nickel: Damals habe ich das Thema Demokratiebildung vor allem bei den Schulen gesehen. Aber die allein können es nicht schaffen. Kinder werden von Eltern und in sozialen Medien stark beeinflusst. Um menschenfeindlichen Kräften etwas entgegenzusetzen, sind sämtliche Bildungsinstitutionen von der Kita bis zur Hochschule gefragt. Im Grunde ist die ganze Zivilgesellschaft gefordert.

    SPIEGEL: Hadern Sie damit, dass Sie Burg verlassen haben?

    Teske: Nein, das war ein notwendiger Schritt, um Schlimmerem aus dem Weg zu gehen.

    Nickel: Aber es bleibt ein weinendes Auge. Inzwischen hat eine weitere engagierte Lehrkraft Burg verlassen. So gibt es dort immer weniger Kollegen, die sich für ein tolerantes Schulklima einsetzen.

    SPIEGEL: Kritiker haben Ihnen vorgeworfen, Sie hätten mit ihrem Weggang dem Druck von rechts nachgegeben.

    Teske: Davon kann keine Rede sein. Mit dem Bündnis »Schulen für mehr Demokratie« machen wir uns weiter gegen rechtsextreme, rassistische, menschenfeindliche Bewegungen stark. Ein harter Kern von etwa zehn Menschen ist sehr aktiv, darüber hinaus haben wir viele Unterstützer.
    »Wir haben uns in Burg oft als Einzelkämpfer gefühlt, so soll es anderen nicht ergehen.«

    SPIEGEL: Was macht das Bündnis?

    Nickel: Der Findungsprozess hat eine Weile gedauert, unter anderem, weil einige Teilnehmer nach den Erfahrungen mit dem Brandbrief psychisch belastet waren, mich eingeschlossen. Aber jetzt haben wir ein konkretes Angebot entwickelt.

    Teske: Wir starten ab dem 1. Oktober mit einem Hilfetelefon. Schüler, Lehrkräfte und Eltern können dort von Erlebnissen mit Rechtsextremismus berichten. Wir hören zu!

    Nickel: Wir wissen etwa von Eltern, nicht nur aus Burg, dass ihre Kinder an Schulen weiterhin rechtsextremen Haltungen von anderen Schülern, teils auch von Lehrkräften ausgesetzt sind. Wir möchten Menschen helfen, die darunter leiden.

    SPIEGEL: Wie?

    Nickel: Wir wollen ihnen zeigen, dass sie mit solchen Problemen nicht allein sind, dass ihnen geglaubt wird. Wir haben uns in Burg oft als Einzelkämpfer gefühlt, so soll es anderen nicht ergehen.

    SPIEGEL: Welche Erfahrungen machen Sie an Ihren neuen Schulen in Brandenburg?

    Teske: Es ist ganz anders als in Burg. Wenn ich mit Schülern über politische Themen spreche, muss ich zwar manchmal schlucken. Aber es gibt eine sehr gute Diskussionskultur. Man hat verschiedene Ansichten, aber niemand wird ausgegrenzt. Das ist eine große Leistung der Kollegen vor Ort.

    Nickel: Ich leite seit zwei Wochen eine Grundschule. Im Schuljahr davor war ich an einer Gesamtschule. Da gab es auch hin und wieder Vorfälle, so wie vermutlich an fast jeder Schule. Aber das Kollegium und die Schulleitung arbeiten sehr gut zusammen und machen klar: Wir dulden so etwas nicht.

    SPIEGEL: Was treibt Sie an?

    Teske: Ich merke, dass sich das Kämpfen lohnt. Dies zeigen mir die Erfahrungen mit dem Brandbrief, der viele Menschen für das Thema Rechtsextremismus an Schulen sensibilisiert hat. Gleichzeitig wird durch den Aufschwung der in Teilen verfassungsfeindlichen AfD sehr deutlich, dass man nicht aufhören darf zu kämpfen. Das pusht mich.

    Nickel: In Sachsen und Thüringen haben immerhin fast 70 Prozent der Wähler nicht für die AfD gestimmt. Diesen Mehrheitskern wollen wir aufrütteln.
    Teske: Ich blicke bewusst optimistisch auf die Landtagswahl in Brandenburg. Ich hoffe darauf, dass sich demokratische Kräfte durchsetzen. Und wenn nicht, muss man die Situation annehmen und den Kampf für Demokratie weiterführen. Wir sind jedenfalls gewappnet.

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