[Interview] FCSP-Boss Göttlich überrascht mit Leipzig-Lob: “Das, was Leipzig macht und gemacht hat in den letzten Jahren, ist in Deutschland beinahe einzigartig. Trainer-Ausbildung, Kontinuität auf wichtigen Positionen […] Das hat Leipzig sehr stark gemacht und davor ziehe ich meine Cap.”



[Interview] FCSP-Boss Göttlich überrascht mit Leipzig-Lob: “Das, was Leipzig macht und gemacht hat in den letzten Jahren, ist in Deutschland beinahe einzigartig. Trainer-Ausbildung, Kontinuität auf wichtigen Positionen […] Das hat Leipzig sehr stark gemacht und davor ziehe ich meine Cap.”

by Ubergold

6 comments
  1. **Hier das volle Interview:**

    **BILD: Drei Spiele, drei Niederlagen – wie sehen Sie den Saisonstart?**

    **Göttlich:** Wir hätten uns natürlich mehr Punkte gewünscht, aber es ist so, wie wir uns die Herausforderung Bundesliga vorgestellt haben: Enge, harte Spiele, viel körperlicher, viel schneller. Da müssen wir uns anpassen.

    **Nun geht es gegen RB Leipzig – mehr Gegensatz geht kaum. Gibt es auch Gemeinsamkeiten**

    Auf jeden Fall die Ambition, im Rahmen der jeweiligen Möglichkeiten den Sport und auch das eigene System drumherum stetig zu verbessern. Leider haben nicht viele Klubs diese Möglichkeiten. Ich möchte an der Stelle aber etwas sagen, was die Leute vielleicht nicht erwarten…

    **Wir sind gespannt.**

    Das, was Leipzig macht und gemacht hat in den letzten Jahren, ist in Deutschland beinahe einzigartig. Trainer-Ausbildung, Kontinuität auf wichtigen Positionen – wenn es starke, systemisch und langfristig denkende Köpfe wie zum Beispiel Ralf Rangnick gibt, dann weiß man, was man auch Jahre danach noch erwarten und ernten kann. Das hat Leipzig sehr stark gemacht und davor ziehe ich meine Cap.

    **Kommen wir zu den Gegensätzen.**

    Die Organisationsform, die Leipzig gewählt hat, ist eine systemsprengende. Ein Systemsprenger für den nationalen Fußball. Leipzig hat durch seinen Mehr-oder-weniger-Namensgeber (gemeint ist Red Bull, RB steht offiziell aber für Rasenballsport; d. Red.) finanzielle Möglichkeiten, die andere Vereine nicht haben. Und die Art und Weise, wie Partizipation von Mitgliedern in Leipzig nicht stattfindet, steht konträr zum FC St. Pauli. Deshalb freuen wir uns, dass das Bundeskartellamt die Struktur von Leipzig unter die Lupe nimmt. Und ich habe die Hoffnung nicht verloren, dass in Leipzig auch mal ein Umdenken stattfindet.

    **Worauf ruht Ihre Hoffnung?**

    Weil Leipzig in der Bundesliga in einer Solidargemeinschaft ist. Weil die Sonderfälle wie eben Leipzig oder Wolfsburg in der Unterzahl sind und ich an die Demokratie glaube. Und weil ich sicher bin, dass die Besonderheit einer eingetragenen Vereinsstruktur Deutschland am Ende einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Ländern bringt. Auch, wenn von einigen permanent das Gegenteil behauptet wird.

    **Wo liegt der Vorteil?**

    Gucken Sie nach England, wohin das führt, wenn man sich nicht selbst reguliert. In England greift mittlerweile – völlig zurecht – die Politik in den Wettbewerb ein, weil der dort völlig entgrenzt ist. Und das wird am Ende auch die Wettbewerbsfähigkeit der englischen Teams schwächen. Es wird ja vor dem Spiel einen Austausch zwischen den Offiziellen von St. Pauli und Leipzig geben. Ich habe nichts dagegen, von Leipzig über den Sport zu lernen. Und vielleicht hat Leipzig auch nichts dagegen, ein bisschen was über demokratischen, solidarischen und gesellschaftlichen Zusammenhalt – auch innerhalb einer nationalen Liga – zu lernen.

    **Moral und Werte – wie viel kann man sich davon im Fußball erlauben?**

    Uns wird ja oft, auch aus Leipzig, Scheinheiligkeit vorgeworfen. Wir würden uns als antikommerziell verkaufen, obwohl wir es gar nicht sind. Dazu möchte ich mal loswerden, dass wir jährlich circa fünf Millionen Euro an kommerziellen Möglichkeiten ablehnen, weil wir eben für gewisse Dinge nicht stehen (wie z.B. Wettanbieter, Stadionnamen-Vermarktung; d. Red.). Das ist kein Marketing-Gag, da haben wir eine Haltung und springen nicht jedem möglichen Geld hinterher. Wir wollen bei den Finanzierungsformen andere Wege gehen, wie zum Beispiel bei unserem Genossenschaftsmodell.

    **Dafür soll bald der Startschuss fallen.**

    Genau. Statt eines oder mehrerer Investoren hoffen wir, dass sich vor allem diejenigen beteiligen, die dem Verein am nächsten sind: die Mitglieder, die dann auch eine kleine Rendite erwirtschaften können. Hier wird der FC St. Pauli als erster Profifußballverein diese partizipative und alternative Finanzierungsform einführen, die sich bereits im Wohnungsbau und nachhaltigen Geschäftsmodellen etabliert hat und zukünftig eine wichtige Rolle spielen wird.

    **Die deutsche Politik erhöht gerade den Druck auf die Vereine wegen Pyros und Krawallen. Niedersachsen reduziert das Gästefan-Kontingent beim Derby Braunschweig gegen Hannover, Bayern droht mit Geisterspielen, Hamburg denkt an Polizeikosten-Weitergabe an die Klubs.**

    Ich nehme keinen Verein aus der Verantwortung, aber bei dieser Debatte fehlt mir das Sachliche, das Inhaltliche. Das ist reiner Populismus von der Politik. 22 Millionen Menschen gehen pro Jahr ins Stadion, dabei gab es 800 Verletzte. Nicht falsch verstehen, 800 Verletzte sind 800 zu viel. Doch wir haben in Deutschland eine sicherheitspolitische Lage, in der auf Volksfesten Menschen umgebracht werden. Der Sport aber soll herhalten für eine sicherheitspolitische Diskussion. Das muss mir mal jemand erklären, zum Beispiel was die Polizeikosten – wohlgemerkt für die Sicherung des öffentlichen Raums – angeht. Dieser Logik folgend müssten sämtliche Veranstaltungen in Deutschland demnächst bangen, Polizeikosten zahlen zu müssen.

    **Nach wochenlangen Tennisball-Protesten der Fans beerdigte die DFL Anfang des Jahres den geplanten Investoren-Deal. Der damalige Hannover-Boss Martin Kind warf DFL-Boss Hans-Joachim Watzke nun erneut vor, vor den Fans eingeknickt zu sein.**

    Ich gebe Martin Kind in einem Punkt recht: Die Kommunikation unter anderem in Richtung der Fans, warum der Fußball finanzielle Zuwendung braucht, war nicht gut. Das haben wir – ich bin ja auch ein Teil des DFL-Präsidiums – nicht gut erklärt. Ich kann auch nachvollziehen, dass Aki Watzke dann später die Sorge vor möglichen Spielabbrüchen in seine Gesamtabwägung einbezogen und den Prozess abgebrochen hat. Aber ich finde es infam von Martin Kind, der damals möglicherweise entgegen der Weisung seines eigenen Vereins abgestimmt hatte, sich jetzt über Aki Watzke zu echauffieren.

    **Kind hatte die Weisung, mit Nein zu stimmen. Es gibt Indizien, dass er sich nicht daran hielt.**

    Derjenige, der seit vielen Jahren grob Foul spielt im deutschen Fußball, ist Martin Kind im Sinne seines Investments bei Hannover 96. Martin Kind sollte sehr zurückhaltend sein, den Leuten Ratschläge zu erteilen, wie sie den Fußball zu organisieren haben. Er ist spätestens nach dem Urteil gegen ihn (der Bundesgerichtshof bestätigte seine Abberufung als 96-Geschäftsführer; d. Red.) nicht gerade ein Vorbild bei diesen Themen.

    **Neu organisiert wurde die Champions League – jetzt nicht unbedingt St. Paulis Nahziel, aber ein Thema, das Sie sehr umtreibt. Haben Sie den ersten Spieltag verfolgt?**

    Nein. Da kann ich ganz klar sagen: Das interessiert mich nicht. Es ist eine Super League durch die Hintertür, die von führenden Klubs in Europa und Uefa zum Schaden der nationalen Ligen durchgezogen werden. Erst recht, wenn dann noch die Klub-WM mit einem Volumen von etwa drei Milliarden Dollar hinzukommt. Es ist eine Mischung aus – gebe ich gerne zu – Bockigkeit und Haltung. Es ist meine Verantwortung, mir Dinge, die ich kritisch betrachte, als Konsument nicht anzuschauen. Und da kommen wir dann auch zur Rolle der Pay-TV-Anbieter.

    **Inwiefern?**

    Sie sind die wichtigsten Finanziers des Fußballs, dafür schätze ich sie sehr. Aber ich würde mir wünschen, dass sie ihre Rolle nutzen, um sich für einen vernünftigeren Wettbewerb einzusetzen. National wie international. Wo Bayern die Gegner nicht fast zweistellig nach Hause schickt, wo Stuttgart gegen Real Madrid ein Duell ein bisschen mehr auf Augenhöhe ist. Wo vielleicht auch Ajax Amsterdam mal wieder Champions-League-Sieger werden kann. Kein aufgeblähtes Liga-System, in dem der Ausgang erwartbar und planbar ist, je nach Rendite-Erwartung der Gesellschafter und Investoren. Wir sollten den Sport wieder in den Vordergrund stellen und nicht nur die kommerziellen Interessen, die auf dem Rücken der Spieler ausgetragen werden.

    **Wie sähe denn Ihr ideales Champions-League-Modell aus?**

    Nur die Meister der Länder spielen mit.

    **Der FC St. Pauli sorgte kürzlich für Schmunzeln, als man die eigene Hausschrift „FC Sans Pauli“ einführte. Der Verein hat sie als „Schrift mit Haltung“ und „aktivistisch“ beschrieben. Ein bisschen sehr dick aufgetragen, oder?**

    Es ist wunderbar, dass der FC St. Pauli so viel Wirkung produziert, auch bei einer eher nebensächlichen Geschichte wie einer Schrift. Aber wir nehmen natürlich Feedback wahr. Haben wir da alles richtig gemacht, haben wir zu dick aufgetragen? 50 Prozent finden es gut, 50 Prozent nicht. Uns wird gerne in vielen Themen vorgeworfen, Haltung zu zeigen. Wir werfen hingegen niemandem vor, keine Haltung zu zeigen.

  2. Die Aussage ist bei weitem nicht so schlimm wenn man das Interview ließt, aber natürlich super für die headlines. Trotzdem dafür jede Relativierung abzulehnen, Leipzig hat ja dieses Trainer System ähnlich wie sie Talente auf verschiedenen Levels hochpushen können. Sei es Liefering, Salzburg oder Leipzig, es ist eine relativ gute Pipeline die, wie auch im Interview erwähnt wurde, einen enormen Wettbewerbsvorteil gibt.

  3. Ist halt alles einfacher wenn man

    – Mitarbeitern das doppelte zahlen kann als der Großteil der Liga.

    – entsprechend top Personal auch hinter den Kulissen hat

    – Wenn man die viel bessere Infrastruktur hat als der Großteil der Liga

    – wenn man als Club mehr Perspektive hat als der Großteil der Liga

    – wenn man Champions League spielen darf im Gegensatz zum Großteil der Liga

    – wenn man Talente auf Pump kaufen kann und kein finanzielles Problem damit hat dass 1/3 Geldverschwendung ist

    Leipzig kann man zu gute halten, dass sie es besser gemacht haben als Klubs wie bspw Chelsea oder Wolfsburg.

    Nicht mehr. Alles andere wäre bei jedem anderen Klub in Deutschland unmöglich (abgesehen der Bayern die seit Jahrzehnten dafür arbeiten diese Position zu haben)

    Leipzig tut effektiv immer wieder Geld rein pumpen wenn es in Gefahr ist nicht mehr in die top 4 zu kommen und damit die CL Gelder zu verpassen.

    Wenn die CL Gelder verpasst werden gibt es aber auch keinen Zusammenbruch wie es etliche große Traditionsklubs hatten. Nein, dann gibt es halt das Geld aus der RB Tasche anstatt von der UEFA. Leipzig ist unfailbar und damit ein Dorn in Auge von jedem der fairen Wettbewerb möchte.

    Andere Klubs bekommen viel Geld vom Sponsor wenn’s gut läuft und wenig wenn es schlecht läuft. Bei Leipzig ist es andersherum…

    Und schließlich gibt es ja noch die multiklub ownership Kacke die das Sahne Häubchen auf der Torte darstellt.

    Und dann muss man sich das ständige gesabbere anhören wie toll die arbeiten. Ach was.
    Nur ist es noch immer Pep guardiola der gut arbeitet. ManCity war nur Klever genug ihm die Kohle zu geben die sicherstellt dass er auch da bleibt.
    Selbes Prinzip gilt aber auch für das normale staff.
    Als Leipzig erstklassig wurde sind etliche Mitarbeiter aus großen deutschen Klubs nach Leipzig gewandert. Die wurden natürlich nicht von jetzt auf gleich inkompetent.

    Bleibt aber Wettbewerbsverzerrung wenn das Geld mit dem um sich geworfen wird nicht erst aus eigener Kraft verdient wurde…

    1. Guter Fußball

    Führt zu

    2. Guter Sponsor

    Nicht anders herum.

  4. Findet denn niemand den Inhalt seines Lobes fragwürdig?Trainer-Ausbildung als Alleinstellungsmerkmal? Kontinuität auf wichtigen Positionen?(Eberl, 12 Trainer in 15 Jahren->vgl. Heidenheim oder SCF) Einzigartig ist da gar nix. Außer die Beschissenheit. 

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