Moldau: Proeuropäer gewinnen EU-Referendum in Moldau mit knapper Mehrheit

Die Menschen in Moldau haben in einem Referendum für einen proeuropäischen Regierungskurs gestimmt. Nach Auszählung aller Wahlzettel der 1,48 Millionen abgegebenen Stimmen sprachen sich laut Wahlkommission 50,46 Prozent der Teilnehmer für die Änderung der Verfassung aus, in der der proeuropäische Kurs unabänderlich als strategisches Ziel festgeschrieben werden soll. 49,54 Prozent waren demnach dagegen. Zuvor hatte es lange so ausgesehen, als lägen die Gegner vorn.

Die proeuropäische Präsidentin Maia Sandu hatte in der Nacht Wahlfälschung beklagt. Es gebe Beweise, dass 300.000 Stimmen gekauft worden seien, sagte Sandu. Sie ließ offen, ob sie das Ergebnis anerkennt.

Vorwürfe aus Moskau und aus Brüssel

Russland protestierte umgehend gegen Sandus Vorwurf und forderte sie auf, ihn zu belegen. “Wenn sie sagt, dass sie wegen irgendwelcher krimineller Banden zu wenig Stimmen bekommen hat, sollte sie die Beweise vorlegen”, sagte Dmitri Peskow, der Sprecher des russischen Staatschefs Wladimir Putin. 

Die vorläufigen Wahlergebnisse, in denen sich eine Mehrheit gegen den proeuropäischen Kurs abgezeichnet hatte, hatte Peskow als Zeichen dessen gewertet, dass viele Menschen nicht mit Sandus Politik einverstanden seien. Zudem warf er ihrer Regierung vor, die prorussischen Kräfte bei der Agitation behindert zu haben.    

Die EU wiederum warf Russland eine “beispiellose Einflussnahme” auf
das Referendum und die parallel abgehaltene Präsidentschaftswahl vor.
Peter Stano, der Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, sprach
von einer gezielten russischen Kampagne zur “Einschüchterung” und
“Einmischung” in Moldau.

Baerbock erleichtert über Mehrheit für EU-Kurs

Bereits Monate vor den Wahlen seien
Wähler “massiver Propaganda aus Russland und von russischen
Stellvertretern” ausgesetzt worden, sagte Stano. Vorwürfe des
Stimmenkaufs habe es schon in der Vergangenheit gegeben. Eine
abschließende Bewertung dazu wolle die EU später vorlegen. 

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nahm das Ergebnis mit Erleichterung auf. Sie sieht in dem knappen Sieg der Proeuropäer einen Zusammenhang mit der Geschlossenheit der EU bei der Unterstützung des südosteuropäischen Landes. Hätte die EU nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine “nicht so klar und entschlossen und geschlossen gehandelt, dann wäre ich nicht so sicher, ob die heutige Wahl, ob die letzten zwei Jahre so verlaufen wären, wie sie verlaufen sind”, sagte Baerbock.

Das Votum für eine Verankerung des EU-Beitritts in der moldauischen Verfassung sei nun “eine große Erleichterung für uns alle” sowie “die beste Sicherheitsgarantie für die Menschen vor Ort, dass sie in Zukunft in Frieden und in Freiheit leben können”, sagte die Außenministerin.

Präsidentin Sandu muss Anfang November in die Stichwahl

Die 52-jährige Sandu konnte bei der parallel abgehaltenen Präsidentenwahl am Sonntag unter den insgesamt elf Kandidaten die meisten Stimmen auf sich vereinen, verfehlte aber die absolute Mehrheit und muss deshalb am 3. November in eine Stichwahl gegen den früheren Generalstaatsanwalt Alexandru Stoianoglo. Er gehört der Sozialistischen Partei des prorussischen Ex-Präsidenten Igor Dodon an.

Sandu ist seit 2020 im Amt. Die frühere Ökonomin der Weltbank hatte die Beziehungen zu Russland abgebrochen und 2022 kurz nach dem russischen Überfall auf die Ukraine den Beitritt zur EU beantragt. Seit Juni laufen die offiziellen EU-Beitrittsgespräche

Moldau zählt zu den ärmsten Ländern in Europa. Die Preise im Land stiegen
zuletzt auch als Folge des Versuchs, bei der Energieversorgung
unabhängiger von Russland zu werden. Viele Ukrainerinnen und Ukrainer sind seit Beginn des russischen Angriffskrieges in das kleine Nachbarland geflüchtet. Dort befürchten einige Menschen, dass Russland auch die Republik Moldau angreifen könnte.

Zudem ist die politische Ausrichtung Moldaus wiederum ein sicherheitspolitischer Faktor für die Ukraine. Das zu Moldau gehörende Grenzgebiet Transnistrien, das Unabhängigkeit für sich beansprucht, steht seit 30 Jahren unter Kontrolle prorussischer Milizen, auch ist dort ein kleines Kontingent russischer Soldaten stationiert. 

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