Ist die Besteuerung von Hochzeitsgeschenken in Deutschland diskriminierend?

Die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Besteuerung von Hochzeitsgeschenken, besonders in kulturell geprägten Gemeinschaften wie der türkischen, können durchaus als diskriminierend und menschenrechtswidrig angesehen werden. 

Sie berücksichtigen keinerlei kulturelle Unterschiede oder Traditionen und können so gegen Grundrechte und Menschenwürde verstoßen.

Ein zentraler Kritikpunkt ist, dass diese Entscheidungen nicht zwischen verschiedenen kulturellen Hintergründen unterscheiden. 

Nach Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ist Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Religion oder Zugehörigkeit zu einer Minderheit untersagt. 

Doch genau dies geschieht hier: 

In vielen Kulturen, darunter der persischen oder türkischen, haben Hochzeiten eine viel tiefere soziale und familiäre Bedeutung. Die Großzügigkeit bei solchen Anlässen ist ein wesentlicher Teil des Zusammenhalts der Gemeinschaft, und Geldgeschenke sind fester Bestandteil dieses Brauchs. 

Das Steuerrecht und die BFH-Rechtsprechung jedoch behandeln solche Geschenke wie jede andere Schenkung und legen dieselben Freibeträge an, ohne Rücksicht auf den kulturellen Kontext zu nehmen.

So hat der BFH in einem Urteil (BFH, Urteil vom 13. Mai 2015 – II R 24/14) klargestellt, dass Geldgeschenke bei Hochzeiten der Schenkungssteuer unterliegen, sofern die Freibeträge überschritten werden. 

Der BFH berücksichtigt dabei nicht, dass in der persischen oder türkischen Tradition solche Geldgeschenke nicht nur symbolisch, sondern oft auch notwendig sind, um den jungen Paaren den Start ins Eheleben zu erleichtern. Diese starre Anwendung des Schenkungssteuerrechts kann als strukturelle Diskriminierung interpretiert werden, da sie kulturelle Eigenheiten vollständig ignoriert.

Zudem verstößt diese Praxis gegen Artikel 1 des Grundgesetzes (GG), der die Menschenwürde schützt. Für viele persische oder türkische Familien haben Hochzeitsgeschenke eine zutiefst persönliche und kulturelle Bedeutung. Sie sind nicht nur finanzielle Zuwendungen, sondern Ausdruck von Ehre, Respekt und Unterstützung.

 Wenn diese Geschenke besteuert werden, fühlen sich die Betroffenen in ihrer Würde verletzt, weil ihre Traditionen und Bräuche zu reinen finanziellen Transaktionen reduziert werden. 

Das Finanzamt behandelt die großzügigen Gaben, die in vielen Kulturen hoch angesehen sind, als bloßes Einkommen, was die soziale und emotionale Bedeutung dieser Geschenke entwertet.

Ein weiteres Problem besteht in der Ungleichheit der steuerlichen Freibeträge. 

Während enge Verwandte hohe Freibeträge genießen, müssen entfernte Verwandte und Freunde, die in vielen Kulturen eine ebenso wichtige Rolle spielen, deutlich weniger schenken, bevor eine Steuerpflicht entsteht. 

So liegt der Freibetrag für nicht-verwandte Schenker nur bei 20.000 Euro, was in großen, kulturell geprägten Hochzeiten schnell erreicht wird. Dies führt zu einer faktischen Ungleichbehandlung und könnte als Verstoß gegen Artikel 3 GG, das Gleichbehandlungsgebot, gewertet werden. 

Gerade in Gemeinschaften, in denen Freunde und entfernte Verwandte wichtige Schenker sind, werden die Menschen unverhältnismäßig stark belastet.

Ein weiteres Urteil des BFH (BFH, Urteil vom 14. Juni 2016 – II R 21/14) betont, dass auch bei großen Geldgeschenken anlässlich von Hochzeiten keine Ausnahme von der Schenkungssteuer gemacht wird. 

Es wird argumentiert, dass jede Schenkung steuerlich gleich zu behandeln sei, unabhängig vom kulturellen Anlass oder der Höhe der Schenkung. 

Das Problem liegt jedoch darin, dass in bestimmten Kulturen, wie der persischen oder türkischen, solche Geschenke nicht als „freiwillige“ Zuwendung im westlichen Sinne betrachtet werden, sondern als soziale Notwendigkeit. Damit ignoriert der BFH die kulturellen und sozialen Rahmenbedingungen und setzt allein auf fiskalische Interessen.

Darüber hinaus könnte die steuerliche Behandlung 

von Hochzeitsgeschenken auch als Verstoß gegen 

internationale menschenrechtliche Verpflichtungen 

gesehen werden, etwa die UNESCO-Konvention 

zum Schutz und zur Förderung der 

Vielfalt kultureller Ausdrucksformen. 

Diese betont, dass Staaten die kulturelle Vielfalt respektieren und fördern müssen. Indem die deutsche Steuerpraxis keine Rücksicht auf kulturelle Besonderheiten nimmt, wird die kulturelle Vielfalt der hier lebenden Ausländer nicht nur nicht gefördert, sondern aktiv behindert. 

Statt das kulturelle Erbe zu schützen, wird es durch fiskalische Regelungen eingeschränkt, die auf kulturell unterschiedliche Hochzeitsbräuche keine Rücksicht nehmen.

Ein besonders gravierender Punkt ist die moralische Belastung, die diese Regelungen mit sich bringen. 

Das Besteuern von Hochzeitsgeschenken sendet die Botschaft, dass staatliche Kontrolle und finanzielle Interessen Vorrang vor kulturellen Werten und sozialem Zusammenhalt haben. 

Das Gefühl, dass die finanzielle Unterstützung, die aus Liebe und Pflichtgefühl heraus gegeben wird, vom Staat genommen wird, kann bei vielen Betroffenen das Gefühl der Entfremdung und Respektlosigkeit gegenüber ihrer Kultur und ihren Traditionen verstärken.

Diese Regelungen könnten auch unter dem Aspekt der indirekten Diskriminierung nach Artikel 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) betrachtet werden. 

Hier wird zwar keine unmittelbare Diskriminierung vorgenommen, da das Gesetz formal auf alle gleichermaßen angewandt wird. Jedoch werden durch die einheitliche Anwendung in der Praxis bestimmte kulturelle Gruppen benachteiligt, die aufgrund ihrer Bräuche höhere Schenkungen machen. Indirekte Diskriminierung liegt vor, wenn eine scheinbar neutrale Regel bestimmte Personengruppen aufgrund ihrer ethnischen Herkunft oder Religion ungleich trifft.

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