„Dem Botschafter wurde unmissverständlich klargemacht, dass jegliche militärische Schützenhilfe für Russlands illegalen Angriffskrieg gegen die Ukraine eine eklatante Verletzung der UNO-Charta und des Völkerrechts und daher vollkommen inakzeptabel ist“, hieß es aus dem Ministerium in Wien.

„Ihm wurde in aller Deutlichkeit mitgeteilt, dass Österreich eine potenzielle Eskalation des russischen Angriffskrieges durch die Unterstützung Nordkoreas aufs Schärfste verurteilt. Nordkorea gefährdet damit die Bemühungen um einen dauerhaften, gerechten und umfassenden Frieden in der Ukraine und die Sicherheit auf der koreanischen Halbinsel“, warnte das Außenministerium. Nordkorea müsse deeskalierende Schritte setzen, seine Truppen aus Russland abziehen und seine Waffenlieferungen an den Aggressor einstellen.

USA orten „wachsende Verzweiflung Russlands“

US-Außenamtssprecher John Kirby sagte, den Erkenntnissen nach seien die nordkoreanischen Soldaten per Schiff nach Russland gereist und inzwischen in mehreren russischen Militärausbildungsstätten im Osten Russlands untergebracht, wo sie derzeit trainiert würden. „Wir wissen noch nicht, ob diese Soldaten an der Seite des russischen Militärs in den Kampf ziehen werden“, betonte er. Es sei aber sehr wahrscheinlich.

„Sollten nordkoreanische Soldaten tatsächlich in den Kampf eingreifen, würde diese Entwicklung die wachsende Verzweiflung Russlands in seinem Krieg gegen die Ukraine zeigen“, sagte Kirby.

NATO-Sprecherin Farah Dakhlallah sagte in Brüssel, es gebe „Beweise“ für die Entsendung nordkoreanischer Soldaten nach Russland. Sollten diese Truppen für den Kampf in der Ukraine bestimmt sein, „würde dies eine erhebliche Eskalation der Unterstützung Nordkoreas für den illegalen Krieg Russlands bedeuten“. Der Nordatlantikrat werde in Kürze über eine Reaktion beraten.

Russland verweigerte unterdessen jegliche Stellungnahme zu der Stationierung der nordkoreanischen Soldaten. „Wo sie sich befinden – bitte klären Sie das mit Pjöngjang“, sagte die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa, auf die Frage nach dem Verbleib der Truppen. Weiter sprach sie von einem „Medienhype“. Nordkorea hatte bisher alle Berichte über eine Entsendung seiner Soldaten nach Russland zurückgewiesen.

Seoul: 3.000 nordkoreanische Soldaten entsandt

Der südkoreanische Geheimdienst hatte am Freitag mitgeteilt, es seien 1.500 nordkoreanische Soldaten nach Russland verlegt worden. Sie absolvierten ein Training im Osten Russlands und sollen anschließend an die Front in die Ukraine geschickt werden. Am Mittwoch gab der südkoreanische Geheimdienst bekannt, dass 1.500 weitere Soldaten aus Nordkorea nach Russland entsandt worden seien. Laut Schätzungen aus Seoul könnte Pjöngjang insgesamt rund 12.000 Soldaten schicken.

Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius und sein britischer Amtskollege John Healey zeigten sich bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in London sehr besorgt über die Berichte. Es gebe bisher nur wenige Informationen, etwa über die Zahl der nordkoreanischen Soldaten und deren möglichen Einsatz, sagte Pistorius. Dennoch handle es sich um eine „neue Qualität und eine Art Eskalation“ im Krieg Russlands gegen die Ukraine, sagte der SPD-Politiker.

der britische Verteidigungsminister John Healey und sein deutscher Amtskollege Boris Pistorius

APA/AFP/Justin Tallis

Das Bild mag täuschen: Healey (li.) und Pistorius zeigten sich am Mittwoch sehr besorgt über die Berichte

Dass etwa Nordkorea Waffen an Russland liefere und Moskau im Gegenzug technische Systeme sowie Öl und Gas, habe Auswirkungen auf die Sicherheit in Südkorea und weiter auch auf die Beziehungen zwischen Pjöngjang und Peking, sagte Pistorius. „Wir sehen, dass die internationalen Konflikte immer näher zusammenrücken und miteinander verbunden sind, was es nicht gerade einfacher macht, mit ihnen umzugehen.“

Gegenseitiger militärischer Beistand

Nordkorea und Russland haben in den vergangenen Jahren ihre militärischen Beziehungen ausgebaut. Fachleuten zufolge setzt Russland in der Ukraine unter anderem nordkoreanische Raketen ein, was beide Seiten jedoch bestreiten. Allerdings haben Russland und Nordkorea einen gegenseitigen militärischen Beistand vereinbart, sollte einer von beiden von einem anderen Staat angegriffen werden. Weil die Ukraine Anfang August in der Grenzregion Kursk einmarschiert ist und dort Dutzende Ortschaften besetzt hat, könnte Moskau die Option ziehen.

Das nordkoreanische Militär könnte bei dem Einsatz vor allem Interesse am Sammeln direkter Kampferfahrung in einem modernen Großkrieg mit einem gewaltigen Einsatz von Drohnen und weitreichenden Raketen haben. Zudem könnte das Land Moskau durch weitere Militärhilfe stärker an sich binden und vor allem für eine mögliche Gegenleistung in der Zukunft vorbauen. Der ukrainische Militärgeheimdienstchef Kyrylo Budanow behauptete im Gespräch mit dem britischen „Economist“, dass es Nordkorea neben Geld um die Umgehung von Sanktionen und den Erhalt russischer Technologien für taktische Atomwaffen und U-Boot-Raketensysteme gehe.