In der türkischen Hauptstadt hat es am Mittwochnachmittag auf dem Gelände von Turkish Aerospace Industries einen Terroranschlag gegeben. 7 Personen wurden getötet, darunter zwei Angreifer. Über 20 weitere Personen sind beim Anschlag verletzt worden.
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In Ankara ist es am Mittwochnachmittag zu einem Anschlag gekommen. Auf dem Gelände des Rüstungskonzerns Turkish Aerospace Industries (Tusas) im Stadtteil Kahramankazan waren am Nachmittag Explosionen und Schüsse zu hören, wie die türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtet. Dabei sind laut der türkischen Regierung fünf Personen getötet und mindestens 22 verletzt worden.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete den Vorfall auf der Plattform X als «feigen Anschlag» auf ein Zugpferd der türkischen Verteidigungsindustrie. Der türkische Innenminister Ali Yerlikaya sprach von einem Terroranschlag. Zwei Terroristen seien «neutralisiert» worden.
Am Donnerstag teilte Yerlikaya auf X mit, einer der getöteten mutmasslichen Attentäter sei als Mitglied der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK identifiziert worden. Die Identität einer weiteren getöteten Angreiferin werde noch geprüft. Bereits am Mittwoch hatte Yerlikaya gesagt, der Anschlag trage die Handschrift der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Bekannt hat sich bisher niemand. Die Türkei reagierte mit Luftangriffen auf PKK-Standorte in Syrien und im Irak.
Die Ursache der Explosion und der anschliessenden Schiesserei war zunächst unklar. In einigen Medienberichten war von einem Selbstmordanschlag die Rede. Der Sender NTV berichtete von einer Geiselnahme. Sicherheitskräfte, Feuerwehrleute und medizinische Teams seien zum Tatort geeilt. Wie Anadolu berichtet, wurden Mitarbeiter des Unternehmens zunächst in Bunkern in Sicherheit gebracht. Die Umgebung sei abgesperrt worden. Die türkische Rundfunkbehörde RTÜK verhängte eine Nachrichtensperre zu dem Thema, der Zugang zu den sozialen Netzwerken wurde gedrosselt.
Justizministerium leitet Ermittlungen ein
In den sozialen Netzwerken wurden Aufnahmen geteilt, die die Explosionen zeigen sollen. Türkische Medien zeigten zudem Bilder, auf denen mindestens drei bewaffnete Personen zu sehen sind. Der staatsnahe Sender DHA berichtete von drei Attentätern, die mit einem Taxi angekommen seien. Fernsehsender zeigten Bilder von einem beschädigten Tor und Aufnahmen von einem Schusswechsel auf einem Parkplatz sowie von Angreifern mit Sturmgewehren und Rucksäcken, die ein Gebäude betraten. Später trafen Krankenwagen und Helikopter ein.
Verschiedene Medienhäuser zeigten Bilder, auf denen bewaffnete Personen zu sehen sind.
Zum Hintergrund der Tat gab es zunächst keine Informationen. Justizminister Yilmaz Tunc erklärte, Ermittlungen seien eingeleitet worden. In der Türkei haben in der Vergangenheit sowohl die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) als auch die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK Anschläge verübt, auch in der Hauptstadt Ankara. Auf allen grösseren türkischen Profilen in den sozialen Netzwerken spekuliert man, dass es sich bei dem jüngsten Anschlag um PKK-Kämpfer gehandelt haben könnte. Auch weil eine Frau unter den mutmasslichen Tätern ist.
Erdogans ultranationalistischer Bündnispartner Devlet Bahceli hatte am Dienstag im türkischen Parlament gesagt, der inhaftierte PKK-Anführer Abdullah Öcalan könnte möglicherweise freigelassen werden, wenn er die PKK auflösen würde. Dagegen könnte sich Widerstand innerhalb der PKK geregt haben, die Tat würde allfällige neue Friedensgespräche zwischen der türkischen Regierung und der PKK sabotieren.
Türkei kündigt weitere Luftangriffe an
Die Türkei flog nach dem Anschlag Luftangriffe in Nordsyrien und im Nordirak, wo die PKK ihr Hauptquartier hat. Man habe 32 Ziele zerstört, teilte das türkische Verteidigungsministerium laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu mit. Das türkische Militär kündigte weitere Luftangriffe an.
Nato-Generalsekretär Mark Rutte verurteilte den Anschlag. Man stehe auf der Seite des Nato-Mitglieds Türkei.
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Die Rüstungsbranche geniesst in der Türkei grosses Ansehen. Das Land hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten zu einem der wichtigsten Verkäufer von Rüstungsgütern entwickelt, wobei sie von der weltweit gestiegenen Nachfrage profitiert. Präsident Erdogan fördert die heimische Rüstungsindustrie gezielt und setzt auf rüstungspolitische Unabhängigkeit.
Turkish Aerospace Industries (Tusas) ist ein Technologiezentrum, in dem auch Ersatzteile für das grösste Passagierflugzeug der Welt, den Airbus A380, hergestellt werden. Es ist Entwickler und Produzent von Luft- und Raumfahrtsystemen wie Kampfflugzeugen und Drohnen. Dazu gehört das militärische Transportflugzeug Airbus A400 M. Tusas haben unter anderem die Prototypen des türkischen Kampfflugzeuges Kaan mitentwickelt.
Drohnen von Tusas werden laut türkischen Analysten sowohl im Kampf gegen die PKK als auch gegen die Terrormiliz IS von der Türkei eingesetzt.