Der Arbeitskreis Steuerschätzung rechnet in seiner neusten Prognose mit Mindereinnahmen von 58,1 Milliarden Euro bis 2028.

FDP-Chef Christian Lindner ist als Finanzminister für den Haushaltsentwurf des Bundes zuständig.
FDP-Chef Christian Lindner ist als Finanzminister für den Haushaltsentwurf des Bundes zuständig.

Liesa Johannssen / Reuters

cog. Bund, Länder und Gemeinden müssen in den nächsten Jahren mit deutlich geringeren Steuereinnahmen rechnen als noch im Frühling prognostiziert wurde. Der Arbeitskreis Steuerschätzung hat am Donnerstag eine entsprechende Prognose vorgelegt. Demnach wird der deutsche Staat im kommenden Jahr 12,7 Milliarden Euro weniger einnehmen als bei der letzten Schätzung angenommen.

Für den Zeitraum bis 2028 sagten die Schätzer laut dem Finanzministerium zugleich Mindereinnahmen von 58,1 Milliarden Euro voraus.

Kaum noch Spielraum

Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, bezeichnet in einer Pressemitteilung die Ergebnisse der Steuerschätzung als «extrem ernüchternd». Auf absehbare Zeit werde das Wachstum der Steuereinnahmen grösstenteils nur noch die Inflation ausgleichen können. «Der Bund und die Länder müssen sich ehrlich machen: Für zusätzliche Aufgaben und Ausgaben besteht kaum noch Spielraum – vor allem bei den Kommunen.»

Für den Bund allein rechnen die Schätzer zwar mit einem Mini-Plus von 0,7 Milliarden – das liegt aber vor allem an geänderten Abführungen an die EU. Im Vergleich zur Frühjahrs-Erwartung, auf die der Haushaltsentwurf von FDP-Finanzminister Christian Lindner aufbaut, bringt das kaum neue Spielräume. Lindner sagte bei der Vorstellung der Zahlen am Donnerstag: «Im Gegenteil: Wir werden zusätzlich konsolidieren müssen. Nicht jede staatliche Leistung wird noch möglich sein.»

Fast 490 Milliarden Euro will die «Ampel»-Regierung (SPD, FDP, Grüne) im nächsten Jahr ausgeben, mehr als ein Zehntel davon auf Kredit. Das erlaubt zwar die sogenannte Schuldenbremse. Opposition, Rechnungshof, Bundesbank und Ökonomen halten das Zahlenwerk von Finanzminister Christian Lindner aber trotzdem für mehr oder weniger unseriös oder unrealistisch.

Der Arbeitskreis Steuerschätzungen erstellte seine Prognose basierend auf der Projektion der Bundesregierung zur wirtschaftlichen Entwicklung vom Oktober. Der Bund geht darin von einem Rückgang des realen BIP von -0,2 Prozent für das laufende Jahr aus. In der Mai-Schätzung wurde noch von einem BIP-Wachstum von +0,3 Prozent ausgegangen.

Wirtschaftsminister Habeck sagte kürzlich: «Die Herausforderungen sind grösser, als wir sie uns vielleicht eingestanden haben in den letzten Jahren». Habeck hat für 2024 die zweite Rezession in Folge verkündet. Die Wirtschaftsleistung schrumpft unter anderem, weil sich Unternehmen wie Privatleute angesichts der geopolitischen Lage mit Investitionen zurückhalten. Auch Streit innerhalb der Ampel trage zur Unsicherheit bei, sagte Habeck.