Großer Bahnhof in Indiens Hauptstadt Delhi! Asien-Pazifik-Konferenz, Deutsch-indische Regierungsgespräche. Das halbe Ampel-Kabinett gibt sich im Tagungshotel Taj Palace die Ehre.

Eigentlich soll es beim Treffen von Spitzenpolitikern und Top-Managern um Investitionen gehen – doch ein Elefant steht stets im Raum: der Ukraine-Konflikt.

Im Zentrum dabei: Indiens konservativer Premier Narendra Modi (74) und die Frage, ob er zwischen Wladimir Putin und der Ukraine vermitteln könnte.

Narendra Modi könnte zwischen Moskau und Kiew vermitteln

Narendra Modi könnte zwischen Moskau und Kiew vermitteln

Foto: Hannes P. Albert/dpa

Modi, der Friedensfürst?

Aus der Ampel heißt es, man greife seit Kriegsbeginn „nach allen Strohhalmen, die einen fairen Frieden ermöglichen könnten“. Lange Zeit war Chinas Staatschef Xi Jinping (71) im Gespräch. Doch der habe längst nicht mehr das absolute Vertrauen Putins.

So kommt Modi ins Visier: ein Freund Putins, wie es scheint. Gerade erst umarmten sich beide beim Treffen der BRICS-Staaten in Russland. Indien hat sich bei der Verurteilung des russischen Überfalls stets enthalten, kauft seit Kriegsbeginn sein Öl in Moskau ein.

Putin und Modi beim BRICS-Treffen in Kasan (Russland)

Putin und Modi beim BRICS-Treffen in Kasan (Russland)

Foto: ddp/ZUMA

ABER: Modi hat dennoch das Vertrauen der Bundesregierung, speziell des Kanzlers. Im Umfeld von Scholz heißt es in Indien: Wer immer eine Vermittlerrolle einnimmt, muss entweder mit beiden Seiten NICHT befreundet sein – oder das Vertrauen der Russen wie auch der Ukrainer genießen. Genau das treffe auf Modi zu.

Modi herzte Putin und Selenskyj

Der hatte sich nach seiner Putin-Umarmung auch mit Wolodymyr Selenskyj getroffen, mit ihm das gleiche herzliche Foto inszeniert.

„Indien macht seit Jahren Politik nach eigenen Interessen, aber derzeit könnten die mit denen des Westens sehr gut übereinstimmen“, sagt Indien-Experte Sigu Muringaseril (47) vom Asian Research Center. Traditionell seien die Beziehungen Delhis zu Moskau eng: „Russland liefert Waffen, Öl, Rohstoffe an Indien. Aber politisch wird es weiter von China übertrumpft.“ Das könnte sich nun ändern: Das Land steckt im Aufstieg, könnte China in Sachen Wirtschaftskraft bedrohlich nahekommen.

Moskau versucht andererseits, unabhängiger zu werden von China, könnte Modi also dankbar sein, wenn er Pekings Dominanz gegenüber Moskau verringert“, sagt Muringaseril.

Scholz: Keine Welt-Polizei mehr

Kanzler Scholz machte im Beisein Modis deutlich, dass es „in einer multipolaren Welt keinen Polizisten, keinen Aufpasser mehr gibt“, der Regeln durchboxt. Deshalb müsse „jeder von uns daran mitarbeiten, dass die Regeln und Institutionen weiter beachtet werden“. Dies gelte ausdrücklich auch für Putins Ukraine-Krieg.

Bundeskanzler Olaf Scholz traf Indiens Premier Modi

Bundeskanzler Olaf Scholz traf Indiens Premier Modi

Foto: EPA

Modi zeigte, dass er verstanden hatte: „Indien steht bereit, in jeder erdenklichen Art und Weise einen Beitrag zur Wiederherstellung des Friedens zu leisten. Wir sind der Ansicht, dass die Freiheit der Meere, der Seehandelswege und Rechtsstaatlichkeit sowie die Achtung des internationalen Rechtes von größter Bedeutung sind.“