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Putin entsendet weitere Verstärkungen in die Ukraine. Es ist nicht nur die numerische Überlegenheit, die Putin einen Vorteil verschafft.

Kiew/Moskau – Die Lage an der Ostfront in der Ukraine bleibt weiter schwierig, denn in den letzten Tagen rückten vor allem russische Truppen immer weiter vor. Die russische Armee nutzt ihre Überlegenheit an Soldaten und Material für pausenlose Angriffe. Und nun entsendet Moskau noch weitere Soldaten seiner strategischen Atomstreitkräfte, die typischerweise auf den Einsatz von Atomwaffen spezialisiert sind, in die Ukraine.

Die Stationierung erfolgt, während Russland bei seiner Offensive gegen sein Nachbarland mit schwindenden Truppen konfrontiert ist, berichtet Militarnyi, ein ukrainisches Medienunternehmen.

Atomstreitkräfte seit Sommer ausgebildet: Statt Spezialisten sendet Putin Hilfspersonal

Die Einheiten seien im Spätsommer dieses Jahres ausgebildet und in den Kampfeinsatz geschickt worden, berichtete die Nachrichtenagentur. Der Bericht ergänzt, dass es sich bei den Einheiten wahrscheinlich nicht um Spezialisten handele, die direkt für den Einsatz von Atomwaffen verantwortlich seien, sondern um Hilfspersonal.

Aktuell werden aber an der Ostfront dringend mehr Soldaten benötigt. Medien, die sich auf das ukrainische Verteidigungsministerium berufen, berichten, dass es an einem einzigen Tag zu schweren Verlusten gekommen sei. „Sowohl Russland als auch die Ukraine haben mit ernsthaften Personalproblemen zu kämpfen“, sagte William Freer, ein wissenschaftlicher Mitarbeiter für nationale Sicherheit beim Think-Tank Council on Geostrategy, gegenüber Newsweek.

Ukraine-Krieg: Die Ursprünge des Konflikts mit Russland

Proteste auf dem Maidan-Platz in Kiew, Ukraine, 2014

Fotostrecke ansehen„Schlammzeit“ in der Ukraine verschärft Lage an der Ostfront: Russland könnte Ukraine-Krieg wenden

Russland könnte seine Vorteile an der Ostfront nutzen, um den Verlauf des Ukraine-Kriegs zu wenden und bedeutende Gebiete zurückzugewinnen. Dabei spielen nicht nur die Entsendung neuer Truppen eine Rolle, sondern auch Faktoren wie das Wetter. Mit dem Einsetzen der kalten Jahreszeit beginnt in der Ukraine nämlich die sogenannte „Schlammzeit“. Diese Phase, in der starker Regen den Boden vielerorts in schlammige Landschaften verwandelt, wird oft als fünfte Jahreszeit bezeichnet.

Die Schlammzeit dauert in der Regel von Oktober bis Anfang oder Mitte Dezember und kehrt zwischen Februar und April wieder zurück. In dieser Periode sind schwere Radfahrzeuge, wie gepanzerte Transporter, an der Front nahezu unbrauchbar, da sie im Schlamm einsinken – im Gegensatz zu Kettenfahrzeugen wie Panzern. Die Versorgung der Front mit neuen Truppen, Ausrüstung und Lebensmitteln wird dadurch erheblich erschwert. Auch in diesem Jahr wird der schlammige Untergrund die Vorstöße der ukrainischen Streitkräfte im Osten des Landes voraussichtlich verlangsamen.

Die kalte Jahreszeit bedeutet demnach einen Vorteil für Russland. Die russischen Truppen dürften es leichter haben, die besetzten Gebiete zu halten. Auch der Vorstoß der Ukraine im russischen Kursk, mit dem Präsident Wolodymyr Selenskyj Kremlchef Wladimir Putin unter Druck setzen will, ist gefährdet.

Putin bei Brics-Treffen: Putin: Russland werde keine strategische Niederlage erleiden

Ein Ende des Krieges ist auf jeden Fall nicht in Sicht. Putin erhob erst beim Brics-Gipfeltreffen in Kasan erneut heftige Vorwürfe gegen den Westen wegen der Ukraine. Das Nachbarland werde benutzt, „um kritische Bedrohungen der Sicherheit Russlands zu schaffen“, sagte der Kremlchef in einer Plenarrunde mit mehr als 30 Staatsgästen. „Sie verbergen nicht einmal das Ziel, unserem Land eine strategische Niederlage beizufügen“, sagte er. Das sei allerdings eine Illusion, auf die nur jemand verfallen könne, der Russlands jahrhundertealte Einheit und Geschlossenheit nicht kenne.

Kremlchef Wladimir Putin

Putin spricht beim Brics-Gipfels in Kasan auch über den Ukrainekrieg. © Alexander Nemenov/Pool AFP/AP

Putin hat selbst vor mehr als zweieinhalb Jahren die großangelegte Invasion in die Ukraine befohlen. Sie zielt darauf ab, das Nachbarland wieder in den russischen Machtbereich zu holen. Der Westen mische sich auch in die Angelegenheiten anderer Staaten ein, verhänge Sanktionen und manipuliere die Märkte, um Länder in Asien, Afrika und Lateinamerika an einer eigenständigen Entwicklung zu hindern, sagte der Kremlchef. (bg/dpa)