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Der Nato-Verbündete Kroatien stellt in einer Absprache mit Deutschland etliche Panzer für die Ukraine zur Verfügung. Dafür bekommt Zagreb Leopard 2A8.
Berlin – Das vielerorts malerische Kroatien ist vielen Menschen in Deutschland vor allem als beliebtes Urlaubsland bekannt. Der kleine Balkan-Staat mit seinen kaum vier Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern hat durch seine exponierte Lage an der Adria aber darüber hinaus eine sehr wichtige Funktion innerhalb der westliche Verteidigungsallianz Nato.
Panzer-Ringtausch für die Ukraine: Deutschland lieferte Kroatien moderne Leopard 2
Es sei als Beispiel der riesige Hafen der dalmatischen Großstadt Split genannt, an dem immer wieder die gewaltigen amerikanischen Flugzeugträger und andere maritime Verbände der Nato anlegen sowie Zwischenstopps machen, wenn sie auf Missionen in den Gewässern des Mittelmeeres unterwegs sind.
Geographisch ist da zudem die Nähe zu dem sehr fragilen Staatengebilde Bosnien-Herzegowina und zu Serbien, das weder Teil der Nato noch der Europäischen Union (EU) ist, dafür aber enge Bande zum Moskau-Regime von Wladimir Putin in Russland pflegt. Die Ampel-Bundesregierung (SPD, Grüne und FDP) hat wegen der engen Verbindung Berlins zu Zagreb dagegen jetzt einen Panzer-Ringtausch für die Ukraine mit Kroatien initiiert. Mittendrin: die neueste Version deutscher Leopard-2-Panzer.
Panzer im Ukraine-Krieg: Kroatien stellt Kiew M 84 und M 80 aus jugoslawischer Produktion bereit
Wie das Bundesverteidigungsministerium (BMVg) bei X bekanntgab, liefert Kroatien der ukrainischen Armee 30 alte Kampfpanzer vom Typ M-84 und 30 Schützenpanzer BVP M-80 und erhält dafür finanzielle Unterstützung aus Deutschland. Darauf hätten sich Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und sein kroatischer Amtskollege Ivan Anušić am Montag (28. Oktober) verständigt. Kroatien kündigte demnach an, Leopard-2A8-Panzer aus deutscher Rüstungsproduktion beschaffen zu wollen. Das sicherheitspolitische Magazin hartpunkt schreibt, dass die Absichtserklärung die Lieferung von 50 Leopard 2A8 vorsieht. Die modernsten Panzer aus Deutschland haben reihenweise technische Innovationen parat – zum Beispiel neuartige digitalisierte Sichtsysteme für Beobachtungs- und Aufklärungsmittel.
Erst kürzlich war ein litauischer Großauftrag über ebenfalls rund 50 Leopard 2A8 bekannt geworden. Mit 50 Exemplaren werden nach Nato-Verständnis in der Regel ganze Kampfpanzer-Bataillone ausgestattet, die normalerweise 44 Kampfpanzer in ihren Reihen haben. Die weiteren Panzer dienen dann als Reserve und/oder zu Ausbildungszwecken. Ein Kampfpanzer-Bataillon und zwei Panzergrenadier-Bataillone bilden nach Bundeswehr-Verständnis wiederum mit knapp 130 Panzern eine Panzerbrigade mit etwa 5000 Soldatinnen und Soldaten.
Ein Kampfpanzer Leopard 2A8 des deutsch-französischen Rüstungskonzerns KNDS. (Symbolfoto) © IMAGO / NurPhotoWaffenlieferungen an die Ukraine: Leopard 1, Marder und einst jugoslawische Panzer
Es ist die nächste große Waffen-Lieferung im Ukraine-Krieg, während Kiew den russischen Invasionstruppen im Donbass derzeit einzelne Leopard-2-Panzer entgegenstellt. Jüngst hatte Deutschland der Ukraine acht weitere Leopard-1-Kampfpanzer (insgesamt 88 geliefert), 20 Schützenpanzer Marder (insgesamt 140) und sechs schwere selbstfahrende Panzerhaubitzen 2000 (insgesamt 20) auf einen Schlag übergeben. Doch: Weil die Verluste gegen Putins Armee auf ukrainischer Seite hoch sind, braucht es wiederkehrend Nachschub, wenn nicht erneut Frontabschnitte an die Russen aufgegeben werden sollen.
Der M-84 wurde von der jugoslawischen Volksarmee in den 1970er Jahren auf Basis des sowjetischen T-72 entwickelt. Die Rüstungsfabrik Đuro Đaković aus dem ostkroatischen Slavonski Brod, die es heute noch gibt, produzierte die Panzer ab 1984 in Serie. In den Jugoslawienkriegen (1991 bis 2001) kamen die M-84-Kampfpanzer vor allem auf Seiten der Serben bei den Gefechten zwischen 1991 und 1995 zum Einsatz. Aber auch Kroaten und Bosniaken hatten einzelne M-84 aus ehemaligen Beständen der in sich zusammenfallenden und durch Belgrad dominierten Jugoslawischen Volksarmee (JNA) in ihren Reihen.
Kampfpanzer M-84 der kroatischen Armee. (Archivfoto) © IMAGO / DepositphotosLeopard-2-Panzer aus Deutschland: Aufträge aus Ungarn, Norwegen und für die Bundeswehr
Bei den Gefechten auf dem Balkan zeigte sich der M-84 als sehr verwundbar bei Treffern am Geschützturm. Denn: Wie bei den einstmals sowjetischen T-72 ist auch hier das Ladekarussell für die Granaten platziert. Direkte Treffer führten zu Munitionsexplosionen, wodurch teilweise die Türme von den Panzerwannen gesprengt wurden. Es sind leidvolle Erfahrungen, die auch Ukrainer und Russen gleichermaßen in den vergangenen zweieinhalb Jahren bei den T-72 gemacht haben. Derartige Munitionsexplosionen sind für die Besatzungen verheerend, weil der Panzerkommandant und der Richtschütze bei beiden Panzer-Typen direkt über der Munition sitzen.
Zu erwarten ist deshalb, dass die kroatischen M-84 für die Ukrainer mit reaktiven Panzerplatten und/oder mit Metallgittern sowie -netzen nachgerüstet werden. Sodass die Geschosse von gefürchteten Panzerabwehrwaffen wie der RPG-7 im besten Fall vor dem Turm explodieren. Die kroatische Armee soll knapp über 70 M-84 in ihren Beständen haben. Wann die neuen „Leos“ im Rahmen des Ringtauschs ausgeliefert werden können, ist dagegen unklar. Aktuell haben die deutschen Rüstungskonzerne gewaltige Leopard-2-Aufträge vorliegen.
Panzer, Drohnen, Luftabwehr: Waffen für die Ukraine
So sind KNDS aus München, wo die Panzer zusammengebaut werden, und Rheinmetall aus Düsseldorf, das unter anderem die Glattrohrkanone herstellt, derzeit mit der Produktion der letzten der 44 „Leos“ für die ungarische Armee, von 54 „Leoparden“ für Norwegen und nicht zuletzt von 123 neuen Leopard 2A8 für die Bundeswehr beauftragt. Auch Tschechien denkt derweil über die Beschaffung von 77 Leopard 2A8 für seine Streitkräfte nach. (pm)