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Nordkoreanische Soldaten bei einer Parade in der Hauptstadt Pjöngjang anlässlich eines Treffens zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem nordkoreanischen Führer Kim Jong-un (Archivbild von Juni 2024). © IMAGO/Komsomolskaya Pravda
/ Russian Look
Rund 10.000 Nordkoreaner sollen laut Pentagon bereits nach Russland entsandt worden sein – eine neue Eskalation im Ukraine-Krieg.
Kursk – Rund 10.000 Soldaten hat Nordkorea nach Russland entsandt, schätzt das US-Verteidigungsministerium. Die Einheiten operieren laut Nato-Angaben derzeit im russischen Grenzgebiet Kursk. Kämen die Nordkoreaner künftig direkt an der Front im Ukraine-Krieg zum Einsatz, könnten sie die Kriegsanstrengungen Russlands merklich unterstützen, glauben Experten. Doch von nordkoreanischen Überläufern gibt es womöglich Hilfe für die ukrainische Seite.
Ukraine-Krieg: Welchen Einfluss die nordkoreanischen Soldaten an der Front haben könnten
Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 sind laut Nato-Angaben bislang 600.000 russische Soldaten getötet oder verletzt worden. Der russische Präsident Wladimir Putin braucht Nachschub – und schickt nun Nordkoreaner in den Krieg. Welche Auswirkungen der Einsatz der neuen Kämpfer haben könnte, hänge davon ab, wie sie eingesetzt werden und wie viele geschickt werden, sagte der Experte Samuel Cranny-Evans, vom Royal United Services Institute der US-Publikation Newsweek. „Wenn sie als Fronttruppen eingesetzt werden und insgesamt Zehntausende geschickt werden, könnten sie einen sehr bedeutenden Beitrag zu Russlands Kriegsanstrengungen leisten.“
„Wir glauben, dass Nordkorea rund 10.000 Soldaten geschickt hat, damit sie im Osten Russlands trainieren“, hatte die stellvertretende Sprecherin des US-Verteidigungsministeriums, Sabrina Singh, am Montag (28. Oktober) in Washington kommentiert. Diese würden „wahrscheinlich in den kommenden Wochen die russischen Streitkräfte in der Nähe der Ukraine verstärken“. US-Präsident Joe Biden nannte die Entwicklung „sehr gefährlich“, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einer „Eskalation“. Bereits vergangene Woche hatte das Auswärtige Amt in Berlin einen möglichen Einsatz nordkoreanischer Soldaten als „ganz klar eine eindeutige Eskalation“ beurteilt.
Wie nordkoreanische Überläufer im Ukraine-Krieg Kim Jong-uns Truppen demoralisieren wollen
Der Ukraine-Krieg ist der größte Konflikt in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. Dass mit Nordkorea nun offenbar eine weitere Nation als aktive Kriegspartei in die Kampfhandlungen verwickelt sein könnte, ist laut Nato-Generalsekretär Mark Rutte eine „gefährliche Ausweitung“ der russischen Invasion in der Ukraine. Der ukrainische Militärgeheimdienst HUR ruft nordkoreanische Soldaten dazu auf, sich zu ergeben.
„Sterben Sie nicht sinnlos auf fremdem Boden. Wiederholen Sie nicht das Schicksal hunderttausender russischer Soldaten, die nie wieder nach Hause zurückkehren werden. Ergeben Sie sich! Die Ukraine wird Ihnen Unterkunft, Nahrung und Wärme bieten“, so ein am vergangenen Mittwoch veröffentlichter Appell der HUR-Kapitulationshotline „Ich will leben“ (Хочу жить). 18 Soldaten sollen laut einem Bericht der südkoreanischen Tageszeitung Choson Ilbo von Mitte Oktober bereits desertiert sein. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig verifizieren.
Hilfe kommt nun offenbar auch von nordkoreanischen Deserteuren: 200 in Südkorea lebende Überläufer aus Nordkorea haben einem Bericht der South China Morning Post (SCMP) zufolge vor, in den Krieg zu ziehen und dort „psychologische Kriegsführung“ gegen die Truppen Pjöngjangs anzuwenden. „Wir sind Veteranen, die die militärische Denkweise Nordkoreas besser verstehen als jeder andere“, sagte Ahn Chan-il, ein Überläufer und Leiter des Weltinstituts für Nordkorea-Studien, der SCMP. Man wolle die Nordkoreaner in der Ukraine demoralisieren, etwa mit Lautsprecherdurchsagen, Flugblättern oder als Dolmetscher.
Südkorea in Alarmbereitschaft: Seoul erwägt Waffenlieferung an die Ukraine
Nicht nur im Westen, auch in Südkorea blickt man mit Sorge auf die Allianz des Nachbarn mit Russland. Denn im Gegenzug für die Entsendung von Soldaten erhält Nordkorea ukrainischen Angaben zufolge finanzielle Unterstützung sowie militärisches Know-how Russlands, etwa für Pjöngjangs Raketen- und Atomprogramm. Die Bedrohung für Südkorea wächst damit. Womöglich könnte Seoul deshalb künftig seine Politik ändern und eine Waffenlieferung an Kiew in Erwägung ziehen. Das könnte durchaus Einfluss auf den Waffennachschub für Kiew haben: Laut dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI ist Südkorea der zehntgrößte Waffenexporteur der Welt.