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In einigen Wildschweinen verbirgt sich ein Virus, das für andere Tiere wie Hunde und Katzen tödliche Konsequenzen hat. Das Schwarzwild zeigt sich kaum beeinträchtigt.

Engelskirchen – Diese Meldung könnte bei Hundebesitzern für ein mulmiges Gefühl sorgen. Im nordrhein-westfälischen Engelskirchen-Kaltenbach ist nach Informationen des zuständigen Landesrats Oberbergischer Kreis bei einem erlegten Wildschwein das Aujeszky-Virus nachgewiesen worden. Demnach handelt es sich um den ersten Fall im Kreis seit dem Jahr 2022.

Im Kreis Euskirchen hingegen ist das Virus verbreiteter. Nach Informationen des WDR werden dort acht bis zehn Fälle pro Monat verzeichnet. Auch über einen Fall im Main-Tauber-Kreis wurde in diesem Jahr bereits berichtet. Viele weitere Bundesländer wie auch Bayern sind ebenfalls betroffen, teilweise ist von dreistelligen Zahlen der auch als Pseudowut bekannten Aujeszkyschen Krankheit zu lesen.

Wildschwein-Virus in Deutschland: In einigen Landkreisen besonders oft nachgewiesen

Das „Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit“ (LAVES) etwa zählt für das Jahr 2023 im gesamten Bundesland 175 Fälle. Im Jahr zuvor war mit 185 ein Höchststand erreicht worden. Nachgewiesen wurde das sogenannte Wildschwein-Virus seit den ersten Entdeckungen im Dezember 2011 bereits in 25 Landkreisen. Den Anfang machten die Landkreise Wolfenbüttel und Goslar sowie die Stadt Salzgitter.

Bis August dieses Jahres wurden in Hessen bereits 148 Fälle des Aujeszky-Virus gezählt, informiert das „Hessische Landeslabor“. Damit ist schon jetzt der höchste Wert seit 2019 erreicht, als 182 Fälle bekannt wurden. Vor allem in den Kreisen Main-Kinzig-Kreis, Odenwaldkreis, Vogelsbergkreis und Fulda wird das Virus häufig festgestellt, das den wissenschaftlichen Namen „Suides Herpesvirus 1“ (SHV1) trägt.

Wildschweine im Laub

Lassen sich den Befall oftmals nicht anmerken: Wildschweine sind Überträger des Aujeszky-Virus. © IMAGO / Gutschalk
Wildschwein-Virus ist für Hunde eine tödliche Gefahr: Nur Schweine können es weitergeben

Empfänglich dafür sind neben Schweinen auch die meisten anderen Säugetiere. Ausnahmen bilden Pferde und Primaten – folglich stellt das Aujeszky-Virus für Menschen keine Gefahr dar. Anders als Schweine fungieren andere Spezies als sogenannte „Fehlwirte“, geben den Erreger selbst nicht weiter und sind daher nicht ansteckend für andere Lebewesen.

Eine Übertragung ist „potenziell über alle Körperflüssigkeiten durch Schmierinfektionen“ möglich, wie das „Hessische Landeslabor“ mitteilt. Ebenso könnten auch verunreinigte Gegenstände zur Infektionsquelle werden. Zudem könnten sich Tiere infizieren, wenn sie nicht durcherhitztes Fleisch erkrankter Schweine fressen.

Damit ist klar, dass die Gefahr auch von toten Schweinen ausgeht. Sogar noch über Wochen. Denn das Virus ist derart widerstandsfähig, dass es „selbst tiefgekühlt in Muskelfleisch und Knochenmark noch bis zu 36 Tage infektiös bleiben“ kann. In gepökeltem Fleisch hält die Infektiosität noch bis zu 20 Tage an.

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Nahaufnahme einer Tibetdogge

Fotostrecke ansehenSymptome beim Wildschwein-Virus: Starker Juckreiz kann zur Selbstverstümmelung führen

Erschwerend kommt hinzu, dass „in der Wildschweinpopulation SHV1-Varianten mit niedriger Virulenz zirkulieren“ und die Symptome daher nur bei Tieren mit stark geschwächtem Immunsystem auftreten. Den meisten Wildschweinen ist es hingegen äußerlich gar nicht anzumerken, dass sie das Virus in sich tragen. Deshalb gilt: „Infizierte Tiere fallen in der Regel nur im Rahmen von Monitoring-Untersuchungen auf, da bei ihnen Antikörper gegen SHV1 nachgewiesen werden können.“

Der Krankheitsverlauf endet bei allen anderen empfänglichen Säugetieren – und damit auch bei Hunden und Katzen – so gut wie immer tödlich. Symptome wie Desorientierung, Verhaltensänderung, Krämpfe oder Lähmungen treten binnen zwei bis neun Tagen auf. Als charakteristisch gilt – außer bei Schweinen – ein starker Juckreiz. Dieser kann so ausgeprägt sein, dass er zur Selbstverstümmelung führt.

Wenn sich die Viren vermehren, werden die Nervenzellen des zentralen Nervensystems zerstört, was schließlich den Tod zur Folge hat. Um Antikörper zu bilden, ist die Zeit bis zu diesem grausamen Ende zu kurz. Therapien gelten in der Regel als erfolglos.

Hund und Jäger stehen auf einer Wiese

Die unsichtbare Gefahr des Wildschwein-Virus: Jagdhunde sollten Acht geben, welchen Wildtieren sie hinterherhetzen. © IMAGO / Countrypixel
Wildschwein-Virus in Deutschland: Vor allem Übertragung auf Hausschweine muss vermieden werden

Besonders gefährdet sind Jagdhunde, die zur Wildschweinjagd eingesetzt werden. Jäger und Hundehalter sollten den Kontakt ihrer Hunde zu Schwarzwild daher möglichst vermeiden und auch kein Wildschweinfleisch verfüttern.

Jochen Weins vom Veterinäramt des Kreises Euskirchen kann im WDR zumindest Hundehalter beruhigen, die mit ihrem vierbeinigen Begleiter durch den Wald touren wollen: „Für den Spaziergänger-Hund ist das nicht gefährlich, der kommt ja nicht in Berührung mit den Tieren.“

Deutschland gilt laut „LAVES“ als frei von der Aujeszkyschen Krankheit. Eine Feststellung bei einem Wildschwein ist weder anzeige- noch meldepflichtig und wird aus rechtlicher Sicht nicht als Tierseuchenausbruch bewertet.

Demnach gab es noch keine Einschleppung des Wildschwein-Virus in Hausschweinbestände. Jeglicher Kontakt zwischen Haus- und Wildschweinen ist zu vermeiden, heißt es weiter. Schweinehalter, die auch Jäger sind, sollten laut dem „Hessischen Landeslabor“ unter anderem die Kleidung vor dem Betreten der Stallungen wechseln und Schwarzwild nicht auf dem Betrieb aufbrechen. (mg)

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