In der ersten Oktoberwoche ergab sich eine gleich doppelte heimische Präsenz bei Luftwaffen-Premieren in Griechenland: Zum einen war Militär Aktuell zu Gast bei der taktischen NATO-Livex-Übung „Ramstein-Flag 2024” („RAFL24”), erstmals in Andravida am Peleponnes. Und am nächsten Tag nahm der österreichische Luftstreitkräfte-Kommandant, Air Chief Generalmajor Gerfried Promberger, an der ersten in Griechenland abgehaltenen jährlichen Konferenz der europäischen Air Chiefs (EURAC) in Santorin teil.

NATO-Luftwaffenübungen gibt es jedes Jahr in Europa. Aber die vom Allied Air Command in Ramstein geleitete und nun das erste Mal von der griechischen Luftwaffe organisierte „Ramstein-Flag” – der zusammengesetzte Name leitet sich auch von der seit den 1970er-Jahren stattfindenden „Red Flag” in Nellis-AFB bei Las Vegas ab – zielt darauf ab, den teilnehmenden Nationen als sogenannte „Primary Training Audience” High-End-Trainingsmöglichkeiten zu bieten, die heutige realistische Probleme in einem komplexen operativen Umfeld beinhalten.

Wider der „Gebietsverweigerung”

„RAFL24” wurde gegenüber Militär Aktuell als die erste Übung bezeichnet, die sich auf ein Anti-Access-, also „Gebietsverweigerungs”-Szenario gegen einen Gegner auf etwa technologischer Augenhöhe konzentriert (IAMD and C-A2AD), was auch das aktuelle Sicherheitsumfeld der NATO-Verbündeten widerspiegelt. Der griechische Verteidigungsminister Nikos Dendias bekräftigte zum Abschluss, dass dies „kein bloßes operatives Training” gewesen sei. Um „neuen Bedrohungen im Bereich Luftverteidigung und generell Sicherheit zu begegnen”, brauche es Übungen wie diese, so Dendias. Der Politiker hob auch die Auswahl Griechenlands als Gastgeberland aufgrund seiner geostrategische Bedeutung hervor und lobte die erfolgreiche Teilnahme von 89 Kampfjets und 12 Unterstützungsflugzeugen und ihren Mannschaften aus 13 Ländern. Diese waren: Kanada (A310 Tanker), Frankreich (Rafle, A-330 Tanker und E-3F AWACS), Griechenland (F-16C/D und Rafale, Ungarn (Gripen C/D), Italien (Eurofighter), Polen (F-16C/D), Portugal (F-16A/B), Spanien (Eurofighter), Großbritannien (RC-135 Rivet Joint) und die US Air Force (USAF mit F-35A). Erstmals seit seinem Bündnis-Beitritt in einer NATO-Luftübung integriert war zudem Schweden mit Gripen C/D. Zudem nahm Rumänien mit F-16A/B – französisch betankt – vom heimischen Fetesti aus teil.

Jägerbataillon Wien 2: Sonderwaffenübung „Laubfeuer24”

Ursprünglich hätte auch Griechenlands „ewiger regionaler Konkurrent” Türkei (-> Griechenland vs Türkei: Die Fronten verhärten sich) mit F-16 teilnehmen sollen, was dann aber – wie es die Türken darstellen – an den in den Karten zu den Übungsräumen dargestellten Grenzen scheiterte. Darin erstreckte sich die Fluginformations-Region Athen (FIR) über die ganze Ägäis, dieser verweigert die Türkei allerdings seit 1974 die Anerkennung. Deshalb kommt es auch – wöchentlich bis täglich – zu Einflügen der türkischen Luftwaffe (THK) in diese Zone, was griechische QRA-Alarmstarts zur Folge hat. Das Land verzeichnet die meisten entsprechenden Starts aller NATO-Länder – paradoxerweise ausgerechnet gegen ein anderes NATO-Land.

©Militär Aktuell

Das war aber beim Besuch kein Thema. Kommandeur des alliierten Luftkommandos ist USAF-General James B. Hecker. Er sagte: „Die ,Ramstein-Flag’-Übung stellt die Zukunft der NATO-Übungen dar und konzentriert sich auf aktuelle und zukünftige Bedrohungen. Die Antwort?: Noch mehr Taktiken ein- und stärkere Integration ausführen – zwecks stärkerer Abschreckung. Hauptunterschied zu vorherigen ‚Flag’-Übungen ist die Intensität der Nachbesprechungen (Debriefings), dort wo der wirkliche aufbauende Lerneffekt stattfindet. Das geht immer noch besser, denn obwohl alle NATO-Verbündeten mit den gleichen Verfahren und Taktiken arbeiten, hat sich der Austausch untereinander als wieder sehr effektiv erwiesen, um die Ausformung der kollektiven Fähigkeiten unter den alliierten Luftstreitkräften noch weiter voranzutreiben.”

 

Eine große Freude für Beobachter und Fotografen war übrigens, dass sich von der 338. Staffel in Andravida und ihren 19 (davon 13 flugfähigen) F-4E-2000 noch etwas „bewegte”. Denn die „Rhinos” (Einführung 1974) werden laut deren – Tonnen von Aufnähern und T-Shirts mit dem Phantom-Männchen feilbietenden – Crews im Zuge des zuerst auch personell anstehenden Wechsels der Einheit auf F-35A alsbald sukzessive ihrem Ende zugehen.

Anmerkung zu den Bilderstrecken oben: Ein Teil der täglichen Missionen besteht auch aus – leider unregelmäßig stattfindenden und wetterbedingt kurzfristig angesetzten – Tiefflugeinsätzen durch die Canyons des Peleponnes. Diese Positionen sind wohl zugänglich, aber von Andravida eine zweistündige Fahrt und viele Serpentinen entfernt. Das war diesmal zeitlich nicht abdeckbar, aber mit den nun bekannten Koordinaten wird das bei „RAFL24” oder „Iniochos 2025” sicherlich Teil einer künftigen Berichterstattung durch Militär Aktuell sein.