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Ungarn zeigt sich solidarisch mit der russischen Wirtschaft: Orbán hat mehrmals gegen EU-Sanktionen gegen Russland votiert. Künftig könnte sich das ändern.

Brüssel – Kommt der harte Aufprall für Russlands Wirtschaft? Noch kann sich Wladimir Putin auf einen Hauptverbündeten in der EU verlassen. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán pflegt enge Beziehungen zu Russland und hat EU-Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft wiederholt blockiert. Dazu ist Ungarn noch sehr abhängig vom russischen Gas und will den Rohstoff weiterhin bei Putin kaufen. Im Hintergrund wird nun spekuliert, dass ein anderes EU-Land bald eine andere Richtung beim Umgang mit Russland vorgeben könnte – und das nicht zugunsten Putins.

Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft – Putins EU-Verbündeter gibt wichtigen Posten an Polen ab

Grund ist, dass Ungarn ab 2025 den Posten als EU-Ratsvorsitz abgeben muss. Am 1. Juli 2024 hatte das Land das zweite Mal die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Den Vorsitz des Rates der EU übernimmt eines der 27 EU-Mitgliedstaaten für die Dauer von sechs Monaten. Nach Ungarn übernimmt Polen den Posten ab Januar 2025.

Politico zufolge hat Warschau bereits eine härtere Gangart gegenüber Russlands Wirtschaft angekündigt und will vor allem russische Öllieferungen, die für Putin eine wichtige Einnahmequelle sind, ins Visier nehmen. „Die Importe russischer Energie [nehmen] zu“, zitierte die amerikanische Tageszeitung Politico Krzysztof Bolesta, Polens Minister für Klima und Umwelt, jüngst bei einem Ministertreffen in Luxemburg. „Das ist ein schlechtes Zeichen. Wir müssen uns damit befassen.“

Orban überraschend zu Besuch bei Putin

Händeschütteln in Moskau: Solche Bilder sollte es aus Sicht vieler EU-Staaten derzeit nicht geben. © Valeriy Sharifulin/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpaRusslands Wirtschaft unter Sanktionsdruck? Polen könnte neue Richtung einschlagen

Die Ukraine äußerte sich optimistisch, dass es Polen gelingen werde, die Sanktionsgespräche mit der EU wiederzubeleben. „Wir setzen große Hoffnungen in die polnische Ratspräsidentschaft“, sagte der ukrainische Sanktionskommissar Vladyslav Vlasiuk gegenüber Politico. Man erwarte, dass Polen sich energisch für Sanktionen einsetzt. Weiteren EU-Diplomaten zufolge erwarte man mit der Ratspräsidentschaftsübernahme Polens mit Spannung einen „frischen Windhauch.“

Zuletzt hatte Ungarn eine Änderung der EU-Sanktionen gegen eingefrorene russische Vermögen blockiert. Allerdings gibt es offenbar Pläne, Ungarns Veto zu umgehen. Im Februar 2024 hatte Orbán die Verlängerung der Sanktionen gegen Russland erneut blockiert. Die Begründung: Das Maßnahmenpaket, das alle sechs Monate verlängert werden muss, träge nicht zum Ende des Krieges bei und schade der europäischen Wirtschaft mehr als der russischen, so der Rechtspopulist.

Sanktionen der EU gegen russisches LNG – Diskussion über eine Verschärfung

Inwieweit Polen die Sanktionsgespräche in eine andere Richtung lenkt, wird sich dann ab Januar zeigen. Bereits jetzt gibt es Diskussionen über eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft. Ein weiterer EU-Diplomat merkte gegenüber Politico an, dass „das Sanktionsregime nicht so funktioniert, wie es sollte.“ Er ließ verlauten, dass es vor allem beim Flüssigerdgas (LNG), beim Öl und bestimmten Handelsgütern Sanktionslücken gibt. Vor dem Hintergrund, dass Putin stets versucht, Sanktionen durch Schlupflöcher zu umgehen, dürfte diese Sorge berechtigt sein.

Die EU hat bereits mehrere Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft beschlossen, darunter Sanktionen gegen Putins LNG. Diese betreffen nicht den direkten Import dessen, sondern unterbinden die Umladung innerhalb der EU. Doch nun gibt es mehr Bewegung bezüglich der Sanktionen gegen russisches LNG: Eine Gruppe von EU-Ländern, darunter Frankreich und die baltischen Staaten, haben die Europäische Kommission kürzlich aufgefordert, die Meldevorschriften für russische LNG-Importe in der gesamten EU zu verschärfen. Dies geht laut Reuters aus einem Schreiben hervor, das der Kommission jüngst übermittelt wurde. Darin fordern die Länder volle Transparenz bei den Importen von russischem Erdgas und eine Identifizierung der Erdgaslieferanten, die russisches LNG importieren.

Für Maria Shagina, Wirtschaftswissenschaftlerin und Sanktionsexpertin am Internationalen Institut für Strategische Studien, sind mögliche Verschärfungen der LNG-Sanktionen ohnehin auf dem Tisch. Es gebe „außer LNG nur noch wenige große Sanktionen übrig sind“, die man anvisieren könnte. (bohy)