Die SP-Spitze will am Parteitag in Davos eine Israel-kritische Resolution verabschieden. Zudem verlangt sie, dass die Schweiz das Klima-Urteil des EGMR «bedingungslos umsetzt».
Peter Schneider / Keystone
Der Papst ist katholisch, die Sozialdemokraten sind links. Doch wie katholisch soll ein Pontifex, wie links die gegenwärtige SP-Spitze sein? Über Papst Franziskus gehen die Meinungen auseinander. Ist er nun ein Bremser oder ein Reformer? Ist er ein Frauenförderer, oder vertritt er ein Frauenbild wie aus dem Mittelalter?
Bei der SP Schweiz ist die Antwort einfacher. Das Parteipräsidium, das aus ehemaligen Jungsozialisten zusammengesetzt ist, versucht die ehemals heterogene Partei mithilfe eines ehemals jungsozialistischen Generalsekretärs auf einen kompromisslosen und zentralistischen Linkskurs zu bringen. Die amtierenden Jungsozialisten machen derweil das, was alle Jungsozialisten vor ihnen schon gemacht haben: Sie stellen die Mutterpartei als reaktionären Haufen dar und versuchen so, sie noch weiter nach links zu drängen.
Israel-Kritik folgt auf Israel-Kritik
Kürzlich wurde bekannt, dass die Juso die BDS-Bewegung unterstützen, die Israel durch Boykotte und Sanktionen isolieren will. Sie wird in vielen Ländern als antisemitisch eingestuft. Die Unterstützung kam allerdings nicht auf Antrag der Jungparteispitze zustande, sondern aufgrund einer Resolution aus der Basis.
Kurz danach bekräftigten die Juso ihre Israel-kritische Haltung erneut. Im Gegensatz zu anderen Jungparteien weigern sie sich, sich zur Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) zu bekennen. Die Allianz wurde 1998 in Stockholm gegründet und fördert die Aufklärung, Erforschung und Erinnerung des Holocausts auf der ganzen Welt. Dreissig Staaten haben die IHRA-Definition anerkannt, darunter die Schweiz.
Auch die SP Schweiz stellt sich hinter die Definition. Das hindert das Parteipräsidium allerdings nicht daran, selbst eine überaus Israel-kritische Resolution zur Abstimmung zu bringen. Am Parteitag, der dieses Wochenende in Davos stattfindet, soll ein Papier verabschiedet werden, dem man auf jeder Zeile anmerkt, wie sehr die Autorinnen und Autoren bemüht waren, Einseitigkeits- und Antisemitismusvorwürfe zu verhindern.
Die «Resolution für einen sofortigen Waffenstillstand und einen gerechten Frieden im Nahen Osten» verurteilt «sowohl die durch den israelischen Staat als auch die Hamas ausgeübte brutale Gewalt gegen Zivilist:innen aufs Schärfste». Es gebe aber keine Rechtfertigung für die Angriffe der israelischen Armee auf Zivilpersonen, für die Bombardierung von Wohnhäusern, Schulen, Krankenhäusern, Gebetshäusern und Flüchtlingslagern oder für willkürliche Verhaftungen und Folter im Gazastreifen und im Westjordanland. Als Unterzeichnerin des Übereinkommens über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes (Genozidkonvention) müsse die Schweiz alles in ihrer Macht Stehende tun, «um einen Völkermord zu stoppen».
Klimaschutz, ein Menschenrecht?
Und noch eine Resolution soll der SP-Parteitag am Wochenende verabschieden. Dieser Antrag stammt von verschiedenen SP-Sektionen und fordert, dass das Klima-Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Klimaseniorinnen gegen die Schweiz) zeitnah und vollständig umzusetzen sei. Damit stellen sich die Sektionen hinter den SP-Justizminister Beat Jans, der etwas voreilig befand, das Klima-Urteil «stärke die Rechte der Menschen, die hier im Land leben».
Der Gesamtbundesrat allerdings sah es anders und schrieb nach Strassburg, er beurteile die Ausdehnung der Europäischen Menschenrechtskonvention auf den Klimaschutz kritisch. Zudem sei er der Auffassung, die Schweiz habe die klimapolitischen Anforderungen des Urteils bereits erfüllt.
Doch das Präsidium der SP stellt sich auch hinter diese Forderung. Wenn schon keine Revolution, dann wenigstens eine Resolution.