Obwohl für die Gesellschaft wichtig, liegen die Bruttostundenlöhne in systemrelevanten Berufen unter jenen der Gesamtwirtschaft. Besonders betroffen sind weibliche Dienstnehmerinnen mit Migrationsgeschichte.

Am 1. November ist Equal Pay Day, der die Jahresbruttolöhne von Vollzeit beschäftigten Männern und Frauen vergleicht. Er zeigt: Ab diesem Tag arbeiten Frauen in Österreich symbolisch gesehen gratis, das heißt, Männer haben dann bereits jenes Einkommen erreicht, wofür Frauen bis Jahresende noch arbeiten müssen. Diese 61 Kalendertage entsprechen der durchschnittlichen Entgeltdifferenz von 16,6 Prozent. Im EU-Schnitt sind es zirka 13 Prozent. Im Vergleich zum vergangenen Jahr hat sich die Marke in Österreich einen Tag nach hinten verschoben. 2010 war der Tag am 29. September.

 Die Presse/PW

Dass Frauen, von denen besonders viele in sogenannten systemrelevanten Berufsgruppen arbeiten, unterdurchschnittlich bezahlt sind, zeigt der Blick auf die Statistik. Bei elf von 16 dieser Berufsgruppen liegt der Frauenanteil bei mindestens 50 Prozent, oft deutlich darüber. Unter systemrelevant versteht man jene Tätigkeiten, die notwendig sind, um unsere Gesellschaft grundlegend am Laufen zu halten. Besonders viele Frauen sind in den Betreuungs- und Pflegeberufen sowie als Reinigungskräfte oder Kassiererinnen tätig.

Obwohl systemrelevant, weisen aber elf der 16 Berufsgruppen einen durchschnittlichen Bruttostundenlohn auf, der unter jenem der Gesamtwirtschaft liegt. Sieben dieser elf Bereiche sind deutlich weiblich dominiert, haben also einen Frauenanteil von teils weit über 60 Prozent – das geht aus einer aktuellen Analyse des gewerkschaftsnahen Momentum Instituts hervor. Auch der Anteil an Frauen mit Migrationsgeschichte in den systemrelevanten Berufen ist hoch: So hat zum Beispiel rund die Hälfte der weiblichen Küchenhilfen und des Reinigungspersonals Migrationshintergrund, außerdem vier von zehn Kassiererinnen sowie ein Drittel der Pflegerinnen und Kinderbetreuerinnen. Das wiederum verschärft die Lohnlücke zusätzlich.

„Der durchschnittliche Bruttostundenlohn von Frauen ist etwa 15 Prozent geringer als jener von Männern. Frauen ohne Migrationsgeschichte haben ‚nur‘ einen Einkommensnachteil von elf Prozent gegenüber Männern“, sagt Katharina Mader, Chefökonomin am Momentum Institut. Sobald jedoch eine Frau Migrationshintergrund aufweise, klaffe die Lücke gegenüber Männern bei 25 Prozent. Was tun? „Es müssen veraltete Rollenbilder aufgebrochen und der Wert von Arbeit bzw. der Mehrwert einer Tätigkeit für eine Gesellschaft diskutiert werden“, sagt Mader. (eho)

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