Und: Nur durch die vom FBI bereitgestellten IS-Listen, auf denen Kämpfer mit Gehaltsangaben geführt werden, konnten deutsche Ermittler den in München Angeklagten Moaaz A. eindeutig zuordnen. Die Terrororganisation führte genauestens Buch – über Mitglieder, Gehälter, Leistungen und Ansprüche.
Nach BR-Informationen identifizierten die Ermittler Moaaz A. über seinen Kampfnamen, den er in Telegram-Chats genutzt haben soll. Dieser Kampfname tauchte auch in den IS-Listen auf, zusammen mit einer speziellen Nummer, die die Terrororganisation ihren Kämpfern vergab. Im Fall von Moaaz A. war es laut Generalstaatsanwaltschaft München die Verwaltung in der syrischen Provinz al-Furat. Al-Furat bezeichnet das Gebiet entlang des Euphrat, insbesondere im Raum Deir ez-Zor – was mit dem Geburtsort des Angeklagten übereinstimmt. Zudem benutzte er den Ermittlern zufolge eine Mailadresse mit einem Geburtsjahr, das mit der ihm mutmaßlich zugeteilten Nummer und dem genannten Geburtsjahr in den Listen korrespondiert.
Der BR konnte Einblick in Inhalte der IS-Listen nehmen, die Zahlungen für Verpflegung, Strom und die sogenannte Märtyrerzulage an Witwen gefallener Kämpfer verzeichnen. Laut Ermittlungen erhielt Moaaz A. als IS-Kämpfer monatlich mindestens etwa 215 US-Dollar, was den Ermittlern zufolge deutlich über dem damaligen Durchschnittseinkommen von rund 100 US-Dollar in Syrien lag.
Experte Schindler: USA sollten weiterhin liefern
Terrorexperte Schindler sagt, dass die USA weiterhin in vollem Umfang liefern sollten. Er findet aber auch: “Wir müssen uns trotzdem um unsere eigene Sicherheit kümmern, weil die Amerikaner nicht für die innere Sicherheit Deutschlands zuständig sind.”
Wie bedeutsam dieser Aspekt ist, zeigte sich Schindler zufolge im August, als ein mutmaßlicher IS-Terrorist drei Menschen während eines Stadtfestes in Solingen mit einem Messer erstach. Wochen später wurde der inhaftierte mutmaßliche Attentäter in einem IS-Propagandamagazin als “Lone Wolf”, also Einzeltäter, gefeiert. Zudem wurden weitere Einzeltäter zu Anschlägen in Deutschland aufgefordert, mit einem besonderen Fokus auf die LGBTQ-Community. So bleibt der IS gefährlich. In den vergangenen Monaten wurden auch in Deutschland immer wieder IS-Terroristen wegen mutmaßlicher Anschlagsplanungen verhaftet.
Diskussion über Vorratsdatenspeicherung
Die Union drängt auf mehr Handlungsspielraum für Polizei, Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst. Etwa plädiert sie für mehr Überwachungsmöglichkeiten, wie die Vorratsdatenspeicherung, also eine anlasslose Speicherung von IP-Adressen. Dadurch könnten terroristische Netzwerkstrukturen besser erkannt werden, sagt der CDU-Bundestagsabgeordnete und Sicherheitsexperte Roderich Kiesewetter dem BR. Die Ampelkoalition ist jedoch skeptisch, hat datenschutzrechtliche Bedenken. Kiesewetter hält das für übertrieben: “Viele Informationen bekommen wir von befreundeten Diensten, weil wir selbst keine Finanzströme überwachen können und nicht in geschützte Chatverkehre eindringen dürfen – also jetzt Signal, Threema und anderes.”